Über Waschbären in Bad Homburg

Ein Beitrag aus der Sicht eines Waschbären. Der Text ist auf der Grundlage der ZOWIAC Studie geschrieben von Manfred Tapfer. (ZOWIAC-Faktencheck-Waschbearen-in- Deutschland.pdf)

Hallo zusammen, ich heiße Mimmi und bin eine Waschbär Dame, die in Bad Homburg lebt.
Ich bin schick und stolz, denn viele Menschen hier finden mich sympathisch und possierlich.
Es gibt aber auch andere, besonders sogenannte Natur-Fachleute die reden dauernd über meine ökologischen Auswirkungen und über meine Ahnen, die aus Nordamerika eingewandert sein sollen. Dabei sagte mein Ur-Uropa immer er wurde hierher verschleppt. Nichtsdestotrotz behaupten diese Leute weiterhin, dass wir Waschbären negative Auswirkungen auf heimische Arten und Ökosysteme haben sollen. Dabei sind meine Waschbär Verwandten in Deutschland doch nur ungefähr 2 Millionen Einwohner. Die Menschen hierzulande sind dabei doch viel viel mehr. In der Zeitung lese ich auch, dass selbst meine Freunde, die mich gerne „putzige Neubürgerin“ nennen, durch solche dummen Meldungen zunehmend irritiert werden. Meine Verwandten und ich würden ökologische und wirtschaftliche Schäden verursachen. So was Doofes. Es wird endlich Zeit, dass dieses verleumderische Gerede aufhört und dass über mich und meine Verwandten auf der Basis einer soliden Grundlage gesprochen wird. Ja, wir verdienen das endlich einmal korrekt über uns und einen fundierten Natur- und Artenschutz und über die Erhaltung bedrohter Arten und Ökosysteme berichtet wird.

Ich fange mal an. Also von vorne. Mein Ur-Uropa hat mir erzählt, dass die Vorfahren unserer Familie eigentlich Amerikaner waren. Die Heimat der Sippe war Nord- und Mittelamerika. Dabei ist mir auch klar geworden, woher meine Vorliebe für Hamburger, Tequila und Corona Bier kommt. Na ja, seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben dann böse Menschen einige Mitglieder unserer Sippe in verschiedene europäische und asiatische Länder verschleppt.
Der Ursprung unserer europäischen Familienmitglieder ist Deutschland. Einigen der Sippe ist es gelungen 1934 am Edersee in Hessen zu entkommen. Dieser Zweig der Ahnentafel lässt sich bis Bad Homburg verfolgen. Etwas später, 1945 zum Ende des Krieges, haben es einige andere auch geschafft bei Wolfshagen in Brandenburg in die Natur zu entkommen.


Genauso wie ich, waren meine Verwandten clever und anpassungsfähig. Die Freiheit hat ihnen gut gefallen und sie haben gut gelebt und sich fortgepflanzt. Sie waren nicht allzu wählerisch und durch ihre flexible Ernährungsweise und eine anpassungsfähige Nutzung unterschiedlicher Lebensräume konnten sie sich gut fortpflanzen. Es gab da auch keine natürlichen Feinde. Am Edersee und in Brandenburg gab es keine Pumas, Wölfe oder Bären oder sehr große Greifvögel. Dafür hatten die Menschen vorher schon gesorgt. Den Natur-Fachleuten geht das natürlich ziemlich auf den Senkel, aber leider geben die nicht nach mit ihrem blöden Bezug zur Naturschutzgesetzgebung. Darin heißt es, dass wir Waschbären auf nationaler und internationaler Ebene als invasive Art eingestuft sind. Stellen sie sich das mal vor. Das bedeutet, dass ich hier gebietsfremd sein soll und auch unerwünschte Auswirkungen verursache. Ok, meine Vorfahren haben ursprünglich gerne in strukturreichen Wäldern gewohnt, aber meine Generation musste sich der zunehmenden Landschaftszerschneidung und dichteren Bebauung anpassen. Wir mussten in landwirtschaftlich geprägte Regionen, in Dörfer und Städte ziehen. Also ehrlich, ich finde Städte toll, besonders Bad Homburg – Fressen in Überfluss und die vielen Parks und Gärten.

Ich bin auch schon mehrfach Mutter und Großmutter geworden. Es ist so schön hier und die Kleinen gedeihen gut. Besonders im Hardtwald gibt es große Grundstücke mit wunderschönen Gartenhäuschen, wo man kuschelig seine Kinder aufziehen kann. Und erst in Dornholzhausen, wenn da die Krötenwanderung einsetzt, da kann man sich an den Sperrzäunen der Naturschützer so
richtig satt fressen. Leider werden Jahr für Jahr die Kröten weniger. Daran sind wir aber nicht schuld. Ein Stück weiter im Tannenwald beschwert sich so ein Dr. Vogelschützer wir würden seine Spechte fressen. Der hat keine Ahnung wie gut so ein fetter junger Specht schmeckt und ganz einfach aus der Höhle zu ziehen ist. Meine Kinder haben Hunger, sie müssen fressen, was soll ich denn machen? Das bisschen Hunde- und Katzenfutter, das manche Bad Homburger auf die Terrasse stellen reicht leider nicht aus. Trotz der dummen Zwischenrufe – alles in allem ein angenehmes Leben hier. Und die gute Luft in Bad Homburg macht so richtig Lust auf Sex und große Familie. Einfach herrlich. Und nun kommt diese blöde Diskussion auf – wir würden Probleme verursachen. Wir würden an unseren Latrinenplätzen Urin und Kot hinterlassen. Ja was denn sonst? Außerdem würden die Jäger unser auch nicht mehr Herr werden. Die Grünröcke sagen auch dass zahlreiche heimische Tierarten durch uns zunehmend unter Druck geraten. Besonders Amphibien, Reptilien, boden- und höhlenbrütende Vogelarten und Horst abhängige Vögel und höhlenbewohnende Säugetiere. Ja was denn noch? Was sollen wir denn sonst fressen? Die sind doch nur neidisch. Na ja, zugegeben, viele private Jägerinnen und Jäger engagieren sich aber aus naturschutzfachlicher Überzeugung im Umgang mit uns. Das Engagement wird in diesem Zusammenhang von anderen Menschen aber oft nicht genügend anerkannt. Der enorme ehrenamtlicher Aufwand der Grünröcke und ihre erheblichen privaten Ausgaben werden eher durch fehlende Unterstützung und Kritik missachtet. Ich bin schon der Meinung das es nicht die Aufgabe der privaten Jägerschaft ist, als Schädlingsbekämpfer den Vollzug von Verordnungen zu übernehmen und sich dabei auch noch anpöbeln zu lassen.
Die Fachleute sagen, dass ein Managementsystem angewendet werden muss, um zu verstehen, wie alles zusammenhängt. Typisch Mensch, aber das denke ich allerdings auch. Es muss endlich eine Grundlage für eine korrekte Bewertung her. Dabei ist das alles doch so einfach. Die Menschen machen alles nur kompliziert. Ich brauche nur ein schönes ruhiges Gartenhäuschen oder einen stillen Dachboden für meine Familie. In der Nähe sollte genug Futter sein. Am besten ein schöner Kompost oder Mülltonnen mit Pizzaresten und anderen Lebensmitteln, Gärten mit süßem Obst und Wald mit Vogelnestern. Und das alles in einem befriedeten Bezirk, wo die Jäger nicht schießen dürfen. Managementsystem – Pah!
Bei dem ganzen Gerede sind manche Menschen so vermessen und fordern, dass wir flächendeckend kastriert werden sollten. Das sei eine tierschutzkonforme Maßnahme. Ich bin so froh, dass sich diese irrsinnige Idee nicht durchgesetzt hat. Grausig, wenn ich mir das vorstelle, wie weh das tut. Aber als Wildtiere unterliegen wir dem Tierschutzgesetz und dem Tierversuchsrecht und demnach ist das verboten. Außerdem haben einige Schlaue unter den Menschen herausgefunden das so ein Eingriff weder personell noch finanziell realistisch ist. Gerettet -, mit Geld sind sie knausrig die tierliebenden Menschlein Um das mal deutlich zu sagen, der Mensch trägt die maßgebliche Verantwortung. Durch von ihm verursachte Lebensraumzerstörung, Umweltverschmutzung und Klimawandel ist nur er für unsere Situation und für den Rückgang zahlreicher Tier- und Pflanzenarten verantwortlich. Jetzt wollen die uns das mit einem Managementsystem auch noch wissenschaftlich fundiert in die Schuhe schieben. Nicht zu fassen, das schlägt dem Fass den Boden aus!
Dabei ist die Sache doch klar. Die Zuständigkeiten mit uns Waschbären sind juristisch eindeutig geregelt: für die Umsetzung der EU-Verordnung und der entsprechenden nationalen Regelungen und Rechtsvorschriften ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz die jeweils zuständige Behörde verantwortlich. Das Management und die Bearbeitung von Fragen im Zusammenhang mit invasiven Arten obliegen damit ganz klar den exekutiven Landesbehörden.

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